11 auf einen Streich

tl_files/LFGB/layout/fotos/reykjavik1.jpgAm vergangenen Sonntag gegen 17:45 Uhr war es soweit: die drei erfolgreichen Behindertenschwimmer des Bundesstützpunktes Leipzig kehrten von den diesjährigen Schwimmeuropameisterschaften der Behinderten mit 11 Medaillen im Gepäck aus der isländischen Hauptstadt Reykjavik in die Heimat zurück. Von Familie, Freunden und ihrer Heimtrainerin Anke Tanz wurden die Medaillengewinner am leipziger Hauptbahnhof in Empfang genommen. Noch immer kann Tanz den Erfolg ihrer Sportler kaum fassen: "Natürlich habe ich auf persönliche Bestleistungen und vielleicht sogar einer Medaille meiner Sportler gehofft, kann mir selbst aber die überragenden Leistungen kaum erklären." So bedürfen auch diese positiven Erfolge der genauen Analyse, um sie in Zukunft wiederholen zu können. Eines weiß die Erfolgstrainerin aber gewiss - ohne finanzielle Unterstützung im Vorfeld der Meisterschaften, wie durch den Leipziger Förderverein Gesundheits- und Behindertensport e.V., wäre eine solch optimale Vorbereitung und die daraus resultierenden Erfolge undenkbar. Auch für die Zukunft hofft sie daher auf eine derartige Zusammenarbeit und Unterstützung, um weiterhin Medaillen - allen voran die fünf silbernen Exemplare von Verena Schott - bejubeln zu dürfen.

Die querschnittgelähmte Schwimmerin des BV Leipzig avancierte bei diesen Europameisterschaften mit insgesamt 7 Podestplätzen zum Superstar, auch wenn sie diesen Status selbst nicht wahr haben will. "Ich selbst muss diesen Erfolg erst einmal begreifen und verarbeiten, fühle mich aber keineswegs als Star oder sonstiges." stellt die 20jährige frisch gebackene Biologiestudentin fest. Ganze fünfmal musste sie sich mit dem Silberrang zufrieden geben - vier davon hinter ihrer wesentlich älteren Teamkollegin Kirsten Bruhn. "Aufgrund des Ehrgeizes, der nun mal in jedem von uns Sportlern schlummert, war ich anfänglich schon enttäuscht, dass es nie zu Gold gereicht hat; bin aber mittlerweile in Anbetracht der Unerwartetheit auch mit den Silbermedaillen mehr als zufrieden", schmunzelt die amtierende 5fache Vizeeuropameisterin, die sich trotz eines Infekts und 38 Grad Fieber am letzten Wettkampftag sowohl Silber über 100 Meter Rücken als auch Bronze in der 4 x 100 Meter Freistil-Staffel erkämpfen konnte.
Auch ihr Trainingskamerad bei BV Leipzig Martin Schulz könnte sich über Silber im Rennen über 200 Meter Lagen als auch Bronze mit der 4 x 100 Meter Lagenstaffel freuen. Bemerkenswert hieran ist, dass der einseitig unterarmamputierte Sportgymnasiast sich über den Staffelerfolg fast mehr freute als nach seinem Einzelerfolg. "Auch wenn das Rennen über 200 Meter lagen für mich sicher unvergessen bleiben wird, war es doch die Staffelleistung, die mir wohl ewig in Erinnerung bleiben wird - der grenzenlose Jubel des gesamtem Teams, die unfassbare Leistung, die man zu diesem Erfolg beigetragen hat und die Spannung dieser Entscheidung waren einmalig", schwärmt der Nachwuchsathlet von dem Erlebten. Die deutsche Lagenstaffel konnte sich denkbar knapp vor dem spanischen Team überraschend den dritten Rang sichern. Schulz selbst steuerte mit einer nie für möglich gehaltenen neune Bestleistung über 100 Meter Brust einen wesentlichen Teil zu diesem Erfolg bei. "Mit dieser Zeit von 1:11 min hätte ich sowohl bei den Paralympics im vergangenen Jahr als auch bei dieser EM Silber geholt." Stellt er etwas wehmütig fest. Für Trauer besteht aber kein Anlass, lassen die gezeigten Leistungen doch auf eine vielversprechende sportliche Karriere hoffen.

tl_files/LFGB/layout/fotos/reykjavik2.jpgAuch für Swen Michaelis hat sich der Ausflug in die isländische Metropole gelohnt. Er konnte sich über zwei Bronzemedaillen freuen und war zweifellos mit seiner eigenen Leistung mehr als zufrieden. So konnte sich der 28jährige Steuerinspektor trotz eines Kapselrisses im Fingergelenk, welchen er sich aufgrund eines unglücklichen Anschlags in einem der vorherigen Rennen zugezogen hatte, im Finale über 100 Meter Freistil sowie in seiner Paradedisziplin, den 100 Meter Rücken, einen begehrten Platz auf dem Podest erkämpfen. "Am ergreifendsten empfand ich den Jubel der gesamten Mannschaft nach meinem Anschlag über 100 Meter Freistil - ich brauchte nicht einmal auf die Anzeigetafel zu schaun, sondern konnte mir aufgrund der Freude meiner Teamkollegen sicher sein, eine Medaille errungen zu haben." Blickt der routinierte Schwimmer auf die vergangenen Tage zurück. Verantwortlich für den sportlichen Erfolg macht er dabei die neuen und anderen Trainingsreize, die sich aufgrund seines Wechsels aus Chemnitz zum Stützpunkt nach Leipzig ergaben, höhere Trainingsumfänge sowie nicht zuletzt auch die heißt diskutierten Schwimmanzuge, auch wenn letztere nur eine psychologische Wirkung ausüben sollten. So weiß er jedoch gleichfalls, dass auch die Konkurrenz von dem neuen Materialien gebrauch macht und einem dadurch kein Vorteil verschafft wird.
In drei Wochen werden sich die harte Vorbereitung und die tausenden Trainingskilometer erneut bezahlt machen. Dann geht das Erfolgstrio gemeinsam mit weiteren leipziger Behindertensportlern bei den internationalen Deutschen Kurzbahnmeisterschaften in Wuppertal an den Start.

Daniel Clausner

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